Journalist Peter Scholl-Latour porträtierte 1963 Robert Schuman psychologisch: Der in Lothringen verwurzelte Schuman sei ohne seine Heimat nicht zu entschlüsseln. Von der Geschichte des Grenzlandes geprägt, gehörte Schuman einem Menschenkreis an, der "die tiefe Erinnerung an die frühe mittelalterliche Einheit des fränkischen Abendlandes" bewahrt hatte. Die Lothringer:innen kämpften in kriegerischen Auseinandersetzungen mal auf französischer, mal auf deutscher Seite. In Lothringen sei die Sehnsucht nach einer untergegangenen abendländischen Einheit erhalten geblieben. Der nach aussen eher unscheinbar wirkende Schuman präsentierte am 9. Mai 1950 im französischen Aussenministerium seine Idee, "die Gesamtheit der französisch-deutschen Kohle- und Stahlproduktion einer gemeinsamen hohen Behörde zu unterstellen". Sein "Schuman-Plan" führte ein Jahr später zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl. Es war die Weichenstellung für die spätere Europäische Union.